Da tritt der Tabellendritte auswärts beim Tabellenführer an, ersterer immerhin jahrelang Regionalligist, die Gastgeber bis dato mit blütenweißer Weste nach vier Spielen. Dazu an die 100 erwartungsfrohe Fans, darunter eine erkleckliche Anzahl derer von Dettingen. Auch noch zwei Teams, die genau wussten, was an diesem Abend auf dem Spiel stand, die beide gewillt waren, nicht vorzeitig im Kampf um den Platz an der Sonne zurückstecken zu müssen. Und zwei Trainer, Evi Müllerschön auf TG-Seite und Dennis Kunz bei den Gästen, die beide überaus erfahren und mit allen Wassern gewaschen sind. Es hätte sich demnach ein Vorzeigematch entwickeln können, würdig in der Reihe vieler denkwürdiger Begegnungen beider Mannschaften.
Wäre da nicht ein erster Schiedsrichter gewesen. Man spricht in der Regel von einem guten Schiedsgericht, wenn man dasselbe eigentlich gar nicht bemerkt. Man hat es bemerkt. Von Beginn an und bis weit in den vierten Spielabschnitt hinein. Es begann bereits nach wenigen Punkten im ersten Durchgang. Die technisch unsaubere Aktion eines Dettinger Spielers wurde abgepfiffen. Erstaunen machte sich breit, hatte man derartiges in vielen anderen Spielen meist nicht geahndet. Es ist in einer derartigen Situation eine unumstößliche Regel, dass eine solche harte Linie vom Schiedsgericht dann auch durchgehalten werden muss. Genau dieses kann man dem Unparteiischen attestieren, allerdings führten diese Entscheidungen oft zu heftigen Reaktionen einzelner Spieler und allen voran beim Gästecoach. Verständlich, denn meist waren es seine Spieler, deren Aktionen das argwöhnische Auge des Schiedsrichters bestrafte. So sah Denis Kunz zu Beginn des vorentscheidenden dritten Satzes eine rote Karte, die dem TSV einen Punkt kostete und in der restlichen Spielzeit einen nahezu handlungsunfähigen Denis Kunz hinterließ.
Es mögen die Einheimischen gewesen sein, denen es schneller als den Gästen gelang, in der aufgeheizten Atmosphäre kühlen Kopf zu bewahren. Jedenfalls fanden die Männer um Kapitän Jan Herkommer nach längerem mühseligem Anlauf ab Akt zwei des Dramas besser zu ihrem Spiel. Hatten noch im ersten Satz vor allem die Mittelspieler des TSV die Szene beherrscht und sehenswerte Blockaktionen gesetzt, gelangen den TG – Cracks in der Folge eine ganze Reihe knallharter Schnellangriffe über die Netzmitte. Dabei zeichnete sich immer wieder Routinier Ralf Sauerbrey aus, der offensichtlich in den besten Jahren seines Volleyballlebens angekommen scheint. Zur Mitte des zweiten Spielabschnitts zeigte sich mehr Bewegung im Auftritt der TG und die bis dahin wenig in Erscheinung getretenen Angriffsspieler auf der Außenbahn rückten vermehrt ins Rampenlicht. Hannes Lampert, Jan Herkommer und Pirmin Dewor brannten immer wieder ein Feuerwerk hart geschlagener Angriffsbälle ab, bestens bedient von Zuspieler Simon Scheerer. Dieser profitierte freilich von der meist sicheren Annahme unter anderem auch von Libero Pascal Eisele, der einen nahezu fehlerfreien Auftritt präsentierte. Am Ende geriet dieser zweite Satz zur hochverdienten Beute der Platzherren.
Dass der TSV damit unter Wert den Satzausgleich hatte hinnehmen müssen, zeigte sich überaus deutlich im spektakulären dritten Satz. Jetzt nahm das Spiel Fahrt auf, vor allem hatte sich die Gästemannschaft wieder gefangen und sich auf ihre Stärken besonnen. Die da sind überragendes Blockverhalten, Angriffshärte und Kampfbereitschaft. Dem gegenüber führte die TG mit stabiler Abwehr und ruhiger Annahme ihre Vorteile ins Feld. Der offene Schlagabtausch, der nun folgte, ließ endlich etwas von gutem Oberligavolleyball erahnen. Auch machten auf TG-Seite der junge Simon Bergmann auf der Netzmitte und der Annahmeriegel mit Hannes Lampert, Jan Herkommer und Pascal Eisele mehr und mehr auf sich aufmerksam. Als der ausgeglichene Satz seiner Entscheidung zutrieb, schien die TG zunächst in der Defensive, da es den Angreifern nicht mehr gelang, den fast schon legendären Dettinger Block zu überwinden. Beide Teams setzten nun auf volles Risiko, auch brachte Evi Müllerschön Lucas Romer aufs Feld, dessen überlegte Zuspielaktionen, das Spiel der TG wieder beruhigte. Hannes Lampert, Pirmin Dewor und Ralf Sauerbrey steuerten schließlich die nötigen Punkte bei, um sich letztendlich diesen heiß umkämpften Spielabschnitt zu sichern.
Die mentale Kraft der Gäste zeigte sich nun nachhaltig gestört. Zusammen mit den unschönen, vom Schiedsrichter verursachten Nervenbelastungen war man nun auf Gästeseite an seinen Grenzen angelangt. Überaus überlegen, ruhig und zielorientiert verlief für die TG dieser letzte Teil eines Spiels, das zwar bewegt und dramatisch verlaufen war, nicht aber Volleyballfeinkost bot, wie es viele der Fans erwartet hatten. Nach 110 Minuten fand durch einen Aufschlagfehler des TSV das Spiel sein Ende. Trainerin Evi Müllerschön fasste auf ihre Art zusammen: “Gewonnen hat das Spiel der Schiedsrichter. Er war auffällig. Wir haben punktgenau aufgeschlagen und unser Spiel zeigte sich variabler als das der Gäste.“ Noch stärkere Gegner warten auf die TG, die vorentscheidende Phase der Hinrunde hat für die TG begonnen.
Franz Vogel
Das TG-Aufgebot: Herkommer, Lampert, Niedermaier, Scheerer, Romer, Dewor, Sauerbrey, Bergmann, Romstedt, Breyer, Eisele.