Mit einer im Ergebnis knapp klingenden 2:3 (25:18, 25:16, 23:25, 20:25, 9:15) Heimniederlage beendete Aufsteiger TG Bad Waldsee das drittletzte Heimspiel ihrer ersten Regionalligasaison. Je nach Blickwinkel betrachtet ist dieses Resultat unterschiedlich einzuordnen. Für Optimisten ist ein weiterer Punkt gegen den Abstieg erkämpft, umso mehr, als der direkte Konkurrent um den Klassenerhalt bei seinem Heimspiel auch Federn ließ. Andere sehen eine große vergebene Chance und können sich den etwas verrückten Verlauf der Begegnung nicht so recht erklären.
Es wäre möglich gewesen, so deren Fazit, die Männer vom Neckar in ihre Schranken zu weisen. Zwei Punkte waren es im dritten Satz beim Stand von 23:23 gerade noch, die den Platzherren fehlten, um die Überraschung gegen den hohen Favoriten zu schaffen. Doch genau in dieser für ihn prekären Lage bewies die TSG, warum sie auf Platz zwei der Tabelle angesiedelt ist. Kühl bis ans Herz erkannte man die zu diesem Zeitpunkt minimalen Signale von der anderen Netzseite, Konzentrationsmangel, übereilte Aktionen, ein bisschen Kopflosigkeit…Und die TSG schlug zurück. Ihrer Sache sicher baute sie zwei solide Angriffsaktionen auf, denen die TG-Abwehr nichts entgegensetzen konnte.
Was dann geschah, gehört in die Grundlagen eines Volleyballlehrbuchs. Nahezu alles, was an spielerischem Vermögen, Abwehrkraft, Angriffshärte und Kampfbereitschaft seitens der TG die ersten beiden Durchgänge tadellos geklappt hatte, war nahezu wie weggeblasen.
Hatten noch vor allem die Angriffe über die Außenpositionen der TG reihenweise Punkte gebracht, hatten die Blockspieler der Gastgeber starke Angriffe ihrer Spielpartner weggeblockt, ab Satz vier passierte das schiere Gegenteil. Jetzt fanden die TG-Angriffsspieler ihre Bälle reihenweise auf dem eigenen Boden wieder und die Annahme, bis dahin zentrale Stärke der Müllerschön-Mannschaft zeigte Nerven, alles das verbunden mit dem der Psyche absolut abträglichen Spielverlauf. Und so kam es, wie einige Fans in der gut besetzten Sporthalle der Eugen-Bolz-Schule ahnten, zum letztendlich unerquicklichen Endergebnis für die weißschwarzen TG-Cracks.
Fast drei Sätze lang hatte die TG ihre Schlachtenbummler überzeugt, ja begeistert und nur altgediente, erfahrene Beobachter hatten die schlummernde Gefahr erkannt. Diese bestand in der unbedingt zu vermeidenden Zufriedenheit zweier gewonnener Spielabschnitte, gegen einen Favoriten zumal. War man sich auf TG-Seite zu selbstzufrieden? War der erreichte eine Punkt schon genug? Jeder Beteiligte wird diese Fragen verneinen, und doch muss solches geschehen sein.
Die Abwärtsspirale ab Satz drei, Stand 23:23 war durch Auswechslungen, Auszeiten, leidenschaftlicher Fanunterstützung nicht mehr aufzuhalten. Es ist nicht übertrieben, gegen Ende von einem Untergang zu reden. Ein Untergang freilich mit fliegenden Fahnen. An Kampfbereitschaft bis zum letzten Punkt hatte es nicht gefehlt. Zweieinhalb Sätze auf sehr hohem Niveau hatte die TG zelebriert. Der Schlussbeifall der Zuschauer bezeugte diesen Eindruck. Gleichzeitig musste die Galerie neidlos die mentale Stärke der TSG Heidelberg-Rohrbach anerkennen, die einen weiteren wichtigen Schritt zum Aufstieg in die dritte Liga geschafft hat.
Franz Vogel