Ein gänzlich ungewöhnliches Volleyballspiel erlebten über 120 Fans in der festlich hergerichteten Sporthalle der Eugen-Bolz-Schule, das mit dem 2:3 (25:20, 21:25, 24:26, 25:20, 10:15) im SV Remshalden einen zwar unerwarteten, doch verdienten Sieger fand. Was der in akuter Abstiegsgefahr befindliche Gast aus dem Remstal Gegner und Zuschauern bot, zeigte wieder einmal die Ausgeglichenheit der Oberliga, gleichzeitig aber auch das bemerkenswerte Niveau, die Spielkunst und Kampfkraft in dieser Klasse. Gerade dieses zweitletzte Match einer Kräfte und Nerven zehrenden Spielzeit wirft aber auch ein bezeichnendes Licht auf die wahre Leistung der TG, die nahezu jeden Spieltag an der Spitze der Liga stand und als stets Gejagter gegen die bestens motivierten Spielpartner zu bestehen hatte.
Warum die TG an diesem Abend das Nachsehen hatte, liegt zunächst am absolut fulminanten Spiel und der Lockerheit des Abstiegskandidaten, der überdies einen überragenden Diagonalangreifer in seinen Reihen besaß, der die TG-Defensive vor reihenweise unlösbare Aufgaben stellte. Dutzende von Punkten erzielte dieser Mann im Laufe der insgesamt135 Minuten Spielzeit. Es gelang der TG nur anfänglich, diese Waffe des Gegners halbwegs zu entschärfen. Auf der anderen Seite kam klar der unbedingte Wille des neuen Meisters zum Ausdruck, sich mit einer guten Leistung von seinen zahlreichen Fans verabschieden zu wollen. Mag diese Einstellung zu der ein oder anderen Verkrampfung seitens von Schwarzblau geführt haben, so ging die TG immerhin nach großem Kampf mit fliegenden Fahnen unter. Was freilich der guten Laune in der Halle keinen Abbruch tat.
Schon im ersten Durchgang wurde dem Meisterteam schnell klar, dass sich dieses Match wahrhaftig nicht zum Selbstläufer entwickeln würde. Zwar zeigte die Mannschaft um Kapitän Jan Herkommer sicherer und effizienter im Aufschlagsverhalten als noch vor einer Woche beim Nervenkrieg in Esslingen, doch gelang es nicht immer zwingend, die Remstäler in echten Druck zu setzen. Eine Eigenschaft des Bad Waldseer Spiels, das sonst immer für das hervorragende Saisonendergebnis verantwortlich zeigte. Zur Freude der Galerie konnten die TG-Cracks gegen Ende den ersten Durchgang durch erfolgreiches Blockverhalten und ein Aufschlagsass von Pirmin Dewor für sich entscheiden.
In der Folge allerdings ergriff das Gästeteam mehr und mehr die Initiative und zog auf bis zu sechs Punkten Abstand davon. Das nicht immer stabile Annahmeverhalten der Gastgeber erschwerte einen kontrollierten und kreativen Spielaufbau, womit in der Folge die gewohnte Angriffshärte des Meisters auf der Strecke blieb. Stärker zeigte sich die TG immer dann, wenn nach gelungenen Annahmen Schnellangriffe über die Mitte des Netzes zu krachenden Schmetterbällen verwandelt wurden. Hier zeigte sich besonders Routinier Ralf Sauerbrey als Herr der Lüfte. Auf Remshaldener Seite zog jedoch der schon erwähnte Diagonalangreifer mehr und mehr seine Kreise und führte seine Mannschaft zum klaren Teilerfolg.
Hart umkämpft verlief Teil drei. Wieder führten die Gäste deutlich, bis sich die Gastgeber aufrafften und durch gute Aufschläge unter anderem von Hannes Lampert und Jan Herkommer endlich das Spiel etwas in den Griff bekamen. Die Auszeiten der Trainer auf beiden Seiten fruchteten zunächst überhaupt nicht und beim Stand von 23:23 und Satzball für die TG, schienen die Dinge nun erwartungsgemäß zu laufen. Doch sind auch Meisterspieler nur Menschen und der TG-Aufschlag zum Satzgewinn senkte sich ins Netz.
In Satz vier zeigte die TG ihr gewohntes Saisongesicht. Libero Pascal Eisele organisierte die Abwehr solide, beide eingesetzten Zuspieler Simon Scheerer und Lucas Romer setzten Pirmin Dewor erfolgreich in Szene und krachende Blocks von Ralf Sauerbrey und Peter Gropper entschärften die harten Angriffe der Gäste.
Es sollte allerdings ein Kräftesammeln der Gäste gewesen sein, dieser von der TG deutlich dominierte Satz. Zum abschließenden Shootout zeigten sich die Abstiegskandidaten bestens erholt, und man musste sich fragen, weswegen diese nie aufgebende Mannschaft so tief im Tabellenkeller angesiedelt ist. Das Aufbäumen und die mentale Kraft der Platzherren reichte nun gar nicht mehr, um dem Ansturm des Gegners Stand zu halten. Zwei wichtige Punkte waren die Ausbeute für den Drittletzten der Tabelle, während den keineswegs geknickten Gastgebern die Freude der anstehenden Aufstiegsfeier blieb.
Franz Vogel