Ich solle mir ein langärmliges Trikot anziehen, lässt mir Übungsgruppenleiter Hannes Hörmann ein paar Tage vor meiner Stippvisite noch ausrichten. Aber so kalt wird’s in der Gymnasiumhalle doch nicht sein? Die langen Faustballer-Trikots müssen also einen anderen Grund haben. Ich werd ihn erfahren, wenn es soweit ist. Ich bin Heiko, seit 2016 Vorstand Öffentlichkeitsarbeit in der TG Bad Waldsee. Meine sportliche Leidenschaft ist die Kampfkunst Karate. In der TG habe ich inzwischen einige, jedoch längst nicht alle Angebote kennengelernt. Das wird sich jetzt ändern. Denn hin und wieder tausche ich den Karate-Gi gegen normale Sportklamotten und besuche eine der zahlreichen TG-Übungsgruppen. Was heißt “besuche” − ich mache mit. Denn es heißt ja nicht umsonst:
Heiko macht … Faustball
Kurz vor Trainingsbeginn bekomme ich von Hannes einen Crashkurs in Sachen Regeln: Gespielt wird auf der Größe des Handballfelds, das mittig durch ein in 2 Meter Höhe quer gespanntes Band geteilt ist. Ziel ist es, den Ball über das Band hinweg für die gegnerische Mannschaft unerreichbar in deren Feld zu spielen. Dabei dürfen weder Spieler noch Ball das Band berühren und der Ball darf nur mit der Faust oder dem Unterarm gespielt werden. Mit der Annahme darf der Ball von drei Spielern gespielt werden, vor jedem Kontakt einmal den Boden berühren. Spätestens durch den dritten Spieler muss er wieder zum Gegner zurückgeschlagen werden. Klingt für mich regeltechnisch überschaubar – ein sehr bodenständiges Rückschlagspiel. Sollte ich hinbekommen.
Wir drehen individuell ein paar Runden zur Erwärmung, bevor wir uns in kleinen Gruppen locker einen Faustball zuspielen. So langsam ahne ich, was es mit den langärmligen Trikots – die jedoch nicht alle tragen – auf sich hat. „Deinen Unterarm wirst Du morgen trotzdem spüren, aber es hilft ein wenig“, höre ich irgendjemanden sagen.
Helden leiden schweigend
Dann geht’s los. Wir spielen in der U-Form. Zwei Abwehr- und ein Zuspieler an der hinteren Grundlinie, Haupt- und zweiter Angreifer links bzw. rechts vorn. Ich habe mein Faustball-Debüt als linker Abwehrspieler. Ein paar Sekunden später rast der erste Aufschlag auf mich zu. Den bekomme ich zwar auf den Unterarm, von dort bewegt sich der Ball jedoch in hohem Bogen hinter mir ins Aus. Das kann schon mal passieren. Bei dem folgenden Angriffsschlag wird mir klar, warum es in der Aufstellung einen „Hauptangreifer“ gibt. Es hat eher den Anschein, dass der Ball meinen Unterarm trifft als mein Unterarm den Ball. Nur das Ergebnis bleibt das gleiche: Wieder verabschiedet er sich von mir als Trefferfläche direkt ins Aus. Es nützt nichts. Für mehr Ballgefühl heißt es jetzt Ärmel hochkrempeln. Helden leiden schweigend … 😉
Bei den nächsten Spielzügen scheint der gegnerische Hauptangreifer dem Faustball-Rookie eine Schonfrist zu geben. Die richtigen Einschläge gibt’s nur mittig oder auf der rechten Seite. So habe ich die Chance, mich wenigstens ein bisschen an Schlagtechnik und Ballverhalten zu gewöhnen. Und siehe da: Den einen oder anderen Ball spiele ich sogar halbwegs passabel Richtung Zuspieler oder Angreifer, was lautstark mit „Super Heiko!“ kommentiert wird. Trotzdem geht das erste Spiel am Ende klar an die gegnerische Mannschaft. Aber nicht wegen mir. Also zumindest nicht nur, hoffe ich …
Kommt Zeit, kommt Sicherheit
Ich merke, wie ich von Spiel zu Spiel sicherer werde und ein Gefühl dafür bekomme, wann ich mich auf den Ball zu bewege und wann ich besser den ersten Bodenkontakt abwarte. Dass die Spieler ihre Positionen im Feld beibehalten, kommt mir als Neuling sehr entgegen. So kann ich mich ohne technische und taktische Finessen ganz auf meine Aufgabe im Team konzentrieren. Für die letzten beiden Spiele wechsle ich auf die Position des zweiten Angreifers (rechts vorn). Von der Schlagkraft und Präzision eines Hauptangreifers bin ich noch meilenweit entfernt. Aber immerhin: Ich hole meinen ersten Punkt im Faustball. Ob das mehr mit Glück und weniger mit Können zu tun hatte? Ziehe ich zumindest in Betracht. Denn nur Minuten später versemmle ich gleich drei Aufschläge in Folge. Mein Team nimmt’s gelassen. Im Training zählt die Spielfreude. Umso mehr, als wir die beiden Abschlusspartien für uns entscheiden können.
Der Tag danach: Sie haben recht behalten. Ich spüre meinen rechten Unterarm deutlich. Etwa so, als hätte ich punktuell ziemlichen Muskelkater. Langärmlig wäre das vermutlich nicht viel anders, wohl eher eine Frage der Gewöhnung. Weitere 24 Stunden später ist er praktisch wie neu … 😉
Mein Fazit: Faustball ist ein Spiel mit leicht verständlichen Regeln und einer klaren Aufgabenteilung: Wer Spaß an Mannschaftssportarten hat und ein wenig Ballgefühl mitbringt, findet hier schnell ins Team und erlebt Spielfreude pur.
Faustball in der TG Bad Waldsee, donnerstags, 20:30 bis 22:00 Uhr, Gymnasiumhalle (ab 1. Mai bei trockenem Wetter ab 19 Uhr Döchtbühlstadion), Übungsgruppenleiter Hannes Hörmann; Voranmeldung nicht erforderlich.
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Bildergalerie „Heiko macht … Faustball“ (alle Fotos Christof Rauhut):