Die Rückkehr der verlorenen Tochter

Erfolgreiche Trainersuche bei den Bad Waldseer Volleyballern – Evi Müllerschön trainiert das Oberligateam

Am Stadtsee hatte sie das Licht der Welterblickt und war dort aufgewachsen. In der Volleyballabteilung der TG Bad Waldsee erlernte sie das kleine und große Einmaleins dieser Sportart. Später zog es die Heilerziehungspflegerin in die Fremde, wo sie heute in Rosenharz bei der Stiftung Liebenau in ihrem anspruchsvollen Beruf ihre Frau steht. Dort ist es wohl auch, wo sie ihre besondere Gabe, mit behinderten und schwierigen Menschen umzugehen, voll zum Tragen bringen kann. Nicht von ungefähr zog es sie nach ihrer aktiven Zeit als Oberligaspielerin bei der TSG Wilhelmsdorf in die Trainerlaufbahn. Dabei stellte sie sich der unbequemen Herausforderung, als Frau Männerteams auf höherem Niveau sportlich weiterzubringen. Dergestalt landete sie zunächst beim TSB Ravensburg, später beim TSV Bad Saulgau. Die Rede ist von der 47-jährigen Evi Müllerschön, der neuen Trainerin für das Oberligateam der TG Bad Waldsee.

Ein Blick zurück. Seit 2007 lagen die Geschicke des ersten Herrenteams in den Händen des Bad Waldseer Eigengewächses Peer Auer. In seiner Zeit gelang der Aufstieg in die Oberliga, wo sich nach einigen Fahrstuhljahren die TG als ernstzunehmender Spielpartner etablierte. In der letzten Auer-Saison 2013/14 erreichte die Mannschaft Rang drei, in der folgenden Saison gar Rang zwei. Schon im Frühjahr 2014 hatten die Verantwortlichen der Volleyballabteilung versucht, für Peer Auer einen geeigneten Nachfolger zu finden. Schon damals stand Evi Müllerschön als Wunschkandidatin ganz oben auf der Wunschliste der Kurstädter. Müllerschön sah ihre Aufgabe in Bad Saulgau jedoch noch nicht als vollendet an und lehnte die Offerte der TG ab.

Der zweite Rang des Teams in der abgelaufenen Spielzeit gehört zu den Skurrilitäten der Abteilungsgeschichte. Die Mannschaft trainierte sich selbst, gewann Spiel um Spiel, durfte sich Halbzeitmeister nennen und zierte monatelang die Tabellenspitze. Mit dem Jahr 2015 ereilte die Mannschaft ein krasser Einbruch, denn das Fehlen eines durchgeplanten Trainings rächte sich nachhaltig Wieder machte sich der jetzige Abteilungsleiter Andreas Bentele auf Trainersuche. Wieder fragte er Evi Müllerschön an und dieses Mal mit Erfolg. Mit doppeltem, denn die Trainerin brachte in Gestalt von Frank Sperfeld (bisher TSV Bad Saulgau) gleich noch ihren Assistenten mit.

Sperfeld, von Beruf Masseur, arbeitet in den Waldburg-Zeil Kliniken in Bad Saulgau. Der 34-jährige spielte als waschechter Potsdamer schon in frühen Jahren hochklassig für Berliner Mannschaften. Er ist bundesligaerfahren und setzte nach seiner Berliner Zeit in der anderen deutschen Volleyballhochburg beim VfB Friedrichshafen seine Karriere fort. Der Diagonalangreifer spielte danach für den TSV Bad Saulgau, war dort auch zeitenweise als Trainer tätig. Zusammen mit Evi Müllerschön nimmt er nun die Geschicke des Waldseer Männervolleyballs in die Hand.

Gefragt nach den Beweggründen, als Trainerteam in die Kurstadt zu kommen, sind beide sich einig: „Ich finde hier ein ambitioniertes Team vor, hinter dem ein für seine gute Nachwuchsarbeit bekannter Verein steht.“ (Müllerschön). Frank Sperfeld schätzt „die sehr motivierte Truppe in einem familiär geführten Verein, in dem Zusammenhalt groß geschrieben wird.“

Unbekannt sind die Bad Waldseer Volleyballer beiden nicht. In mehreren Spielzeiten traf die TG sowohl auf den TSB Ravensburg, wie auch den TSV Bad Saulgau. Immer entwickelten sich enge, meist überaus emotional geführte Auseinandersetzungen. Denkwürdig das Spiel in Ravensburg, als der heimische TSB im Frühjahr 2009 den Bad Waldseer Oberliganeulingen den finalen Todesstoß versetzte und die Mannschaft zurück in die Landesliga schmetterte. Umgekehrt, so stand es vor Jahresfrist in der Bad Saulgauer Ausgabe der Schwäbischen Zeitung, „hat der TSV der TG aus Bad Waldsee gewaltig in die Suppe gespuckt“, indem die Saulgauer sowohl in Hin- wie Rückrunde den Lokalrivalen bezwangen. Die mögliche Meisterschaft der TG war damit endgültig zerstört.

Es gehört nicht sehr viel Phantasie dazu, die Antworten von Müllerschön und Sperfeld auf die Frage nach dem Saisonziel zu erraten. „Nach dem dritten und zweiten Rang geht es jetzt wirklich um Meisterschaft und Aufstieg!“ Beide sagen es in tiefer Überzeugung. Und der beträchtliche Kader mit einigen Neuzugängen und Verstärkungen spricht die gleiche Sprache. Seit den Pfingstferien wird wieder trainiert.

Von Franz Vogel