„Neubürger machen Großteil des Mitgliederzuwachses aus“

Die Turngemeinde (TG) Bad Waldsee zählt mit mehr als 2200 Mitgliedern im Alter von 1 bis 97 Jahren zu den großen Sportvereinen in der Region. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung steht aber auch die TG vor Herausforderungen. So müssen ehrenamtliche Helfer gewonnen werden, die das umfangreiche Sportangebot aufrechterhalten. Für die Schwäbische Zeitung hat Sabine Ziegler mit Christof Rauhut und Heiko Stein vom Vorstand darüber gesprochen.

Herr Rauhut, Bad Waldsee ist Zuzugsgebiet und mit jedem neuen Wohngebiet kommen Bewohner hinzu. Interessieren sich diese Neubürger für eine Mitgliedschaft in der TG?

Auf jeden Fall. Neubürger machen einen Großteil unseres Mitgliederzuwachses aus. Allerdings nicht nur die aus dem klassischen Zuzug. Auch im Rahmen der Integration Geflüchteter gewinnen wir durch gezielte Angebote neue Mitglieder.

Bei einem Treffen der großen Sportvereine im Sommer in Ravensburg war die Demografie eines der Themen. Wie geht die TG damit um, dass es weniger Nachwuchs gibt und die Leute immer älter werden?

Rauhut: Wir sind noch nicht direkt betroffen, stellen uns aber auf Veränderungen ein. Mit einer Angebotsbündelung im „Kids-Sport bis 10“ wollen wir die jüngste Zielgruppe noch besser erreichen. Gleichzeitig bauen wir den nicht wettkampforientierten Freizeit-, Gesundheits- und Trendsport aus und schaffen weitere Angebote für die ältere, aber fittere Gesellschaft. Mit den „Jedermännern“, Yoga und verschiedenen Fitnessgruppen haben wir eine gute Basis.

Gehen Ihnen irgendwann die ehrenamtlich Tätigen aus?

Stein: Viele Vereine haben bereits Schwierigkeiten, administrative Ehrenämter wie Vorstand, Schriftführer oder Kassierer zu besetzen. Wir haben unseren Vorstand und die Geschäftsstelle in diesem Jahr deshalb bewusst personell verstärkt. Die administrative Struktur schultert so einen Großteil des Verwaltungsaufwands und hält ihn von den Abteilungen fern. Auf diese Art profitieren zum Beispiel die Tischtennisspieler von der Eingliederung des TTC in die TG vor zwei Jahren. Die Bündelung und gemeinsame Nutzung administrativer Strukturen bei sportlicher Eigenverantwortung der Abteilungen halten wir für ein Zukunftsmodell.

Können Sie Ihre vielen Angebote auch in Zukunft aufrechterhalten?

Rauhut: Stagnation oder Reduzierung sind für uns kein Thema. Wir bauen unsere Angebote aktiv aus. Aktuell suchen wir Übungsleiter für eine Hip-Hop-Gruppe für Jugendliche und für Tanzsport auf Freizeitniveau. Und wir sind offen für andere sportliche Ideen und Impulse. Interessenten melden sich form- und zwanglos in der Geschäftsstelle oder bei einem unserer Vorstände.

Bauen Sie Ihre Zusammenarbeit mit Kindertageseinrichtungen und Schulen aus?

Stein: Die TG ist seit Jahren in der Kinder- und Jugendarbeit engagiert und wird dieses Engagement fortsetzen. Derzeit gibt es neun Kooperationen mit Kindertagesstätten und Schulen. Beispielhaft sei hier die neue Kooperation mit der Kita „Unterm Regenbogen“ erwähnt. Nach Beurteilung durch eine Jury unterstützt die Kinderturnstiftung Baden-Württemberg ein wöchentliches Bewegungsprogramm mit den Zwei- und Dreijährigen seitens TG-Übungsleiterin Marion Binder. Unsere Arbeit wird also über die Stadtgrenzen hinaus beachtet.

Die vom Gemeinderat beauftragte Sportentwicklungsplanung greift diese Themen ebenfalls auf. Wie haben Sie den ersten Workshop dazu erlebt?

Rauhut: Sehr positiv. Die Arbeitsphasen waren vom Miteinander geprägt. Alle Beteiligten gingen offen und ohne Berührungsängste miteinander um. Wenn es so weitergeht, entstehen da tolle Ideen und Ansätze.

Wenn die TG einen Wunsch frei hätte, welcher wäre das?

Stein: Wünsche sind gut für Dinge, die man nicht allein schaffen kann. Weil uns viele Menschen nicht finden und unsere Möglichkeiten als Mieter begrenzt sind: Ein gut sichtbares Hinweisschild auf unsere neue Geschäftsstelle im Klosterhof 3 wäre prima.

Wie viele Übungsleiter hat der Verein derzeit?

Rauhut: Etwa 120 Übungsleiter machen dieses breite und kontinuierliche Angebot auch für unsere 800 Kinder und Jugendlichen möglich. Ihnen gebührt unsere Anerkennung für ihr ehrenamtliches Engagement.

Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Schwäbischen Zeitung Bad Waldsee
(Erstveröffentlichung am Dienstag, 11. Oktober 2016) © Schwäbische Zeitung